Ich erlebe, was ich mir erzähle
- Alexander Lanz

- 15. Okt.
- 3 Min. Lesezeit

Ich lade dich zu einem Gewinnspiel ein, bei dem du, wenn du dran bleibst, mit dem Hauptgewinn markant erhöhter Lebensqualität rechnen kannst. Und so geht's:
Nachfolgend die Beschreibung von vier Situationen, denen du in deinem Alltag durchaus begegnen könntest. Während du sie liest, versetze dich in die Situation, als ob sie jetzt gerade wäre. Halte einen Moment inne und nimm wahr, wie du darauf reagierst.
Du schmeisst beim Abendessen aus Versehen ein Glas Wein um, das auf dem Tisch zerbricht.
Dein Partner – oder eine Freundin – ist am Handy beschäftigt und nicht offen für den Kontakt, den du gerne hättest.
Du bleibst im Stau stecken und kommst zu spät zu einer Verabredung.
Du liest in den Nachrichten, dass die AfD nochmal zugelegt hat und der Regenwald weiter massiv abgeholzt wird.
Was hast du beobachtet? Spezifisch:
– Was sagst du in dir (oder allenfalls laut nach aussen)?
– Welche Emotionen kommen hoch?
Ich fantasiere (und schöpfe aus meiner eigenen Reaktionskiste):
Fall 1, «Wein verschüttet»
Oh, shit, bin ich blöd. Tut mir echt leid. Dass mir das schon wieder passieren muss. Ich war voll unaufmerksam – so ungeschickt. Jetzt habe ich die gemütliche Stimmung kaputtgemacht. Und ganz ehrlich: Diese edlen, hohen Rotweingläser sind schon etwas unpraktisch. Emotion: Wut auf mich selbst, Scham, Schuldgefühle, Ärger, Angst.
Fall 2, «Partner beschäftigt»
Nie hat er Zeit für mich. Was machst du eigentlich die ganze Zeit? Als wäre ich Luft für ihn! Immer an diesem blöden Handy. Sie will wohl gar nicht mit mir sein. Bin ich zuwenig interessant? Wir wollten doch noch unsere Pläne besprechen. Dann zieh ich mich halt auch zurück, das hat doch keinen Sinn. Emotion: Ungeduld, Ärger, Verlassenheitsgefühle, Angst, Ohnmacht, Scham.
Fall 3, «im Stau stecken»
So mühsam, nein, ehrlich, jetzt auch das noch. Wäre ich doch früher losgefahren, ich hätte es wissen sollen. Immer an dieser Stelle. Es hat einfach zu viel Verkehr auf den Strassen. Uff, wie lange dauert das wohl noch?! Jetzt verpasse ich meinen Termin, das ist ja blöd, und ich kann niemanden erreichen, Scheisse. Echt ein Katastrophen-Tag. Emotion: Ärger, Ohnmacht, Angst.
Fall 4, «Nachrichten lesen»
Es wird immer schlimmer auf der Welt. Unglaublich, diese Deutschen, nichts aus der Geschichte gelernt. Überall Rechtsrutsch, das ist der Horror. Diese geldgierigen Konzerne führen uns noch in den Untergang. Wir Menschen schaffen es nicht, ich sehe keine Hoffnung, alles geht bergab. Emotion: Wut, Ohnmacht, Angst.
Auswertung
Was ich hier deutlich machen will: Wir finden uns in Situationen wieder, die das Leben halt so mit sich bringt. Die Situationen an sich sind neutral: Wein verschüttet. Partner beschäftigt. Im Stau stecken bleiben. Unerfreuliche Nachrichten. Kann passieren.
Spannend zu erkennen ist, was wir daraus machen: Wir erzählen uns selbst eine bewertende Geschichte darüber, die bestimmte Emotionen hervorruft. Oder wir reagieren gleich emotional und bekräftigen die Emotionen mit entsprechenden Gedanken. Das Resultat: Wir fühlen uns schlecht und als Opfer.
Es geht hier nicht darum, alles ok zu finden, was wir erleben, oder keine Gefühle dazu zu haben. Es geht auch nicht darum, unsere Reaktionsweise zu verurteilen, sondern sie bewusst zu machen, uns dafür zu gratulieren und dann zu wählen, wie wir auf eine Situation «antworten» wollen anstatt automatisch zu reagieren.
Meistens wurzelt unsere Reaktion in der Erwartung, ich selbst, die anderen und die Welt sollten auf eine bestimmte Art und Weise funktionieren. Falls nicht, gehen wir aufgebracht in Widerstand gegen das, was ist, und hängen unsere Bewertungen und unsere Emotionen daran. Mit hoher Wahrscheinlichkeit geht es uns dann bedeutend schlechter.
Ich bin frei, zu wählen, wie ich etwas erleben will.
Oft können wir nicht wählen, welchen Situationen wir im Leben begegnen. Aber wir können wählen, was wir daraus machen. Für mich war es ein erleuchtendes Erlebnis, zu realisieren und beobachten, wie oft ich tagtäglich Emotionen an Gedanken «hänge», gleichzeitig mit Gedanken meine Emotionen befeure. Erleuchtend, weil diese Erkenntnis im nächsten Schritt die Freiheit mit sich bringt, anders darauf zu reagieren und mich so aus dem Opferstatus zu erheben. Was heisst also, anders darauf reagieren?
Ich wähle, innezuhalten, mich zu zentrieren, im Herzen zu bleiben, mich mit Vertrauen statt Angst zu verbinden, mit Akzeptanz statt Wut, mit Dankbarkeit statt einem Mangelgefühl, mit Gelassenheit statt Ungeduld, mit Mitgefühl statt Verurteilung. Mit hoher Wahrscheinlichkeit geht es mir dann bedeutend besser. Ausserdem mache ich den Menschen um mich herum ein grosses Geschenk.
Was das in den obigen Beispielen und den unzähligen Situationen aus deinem täglichen Leben heissen könnte, überlasse ich deiner Kreativität. Viel Freude beim Erforschen.
*Bleib dran, es lohnt sich. Der Hauptgewinn winkt!
Die Moral von der Geschicht':
Was du nicht erleiden willst,
erzähl dir besser nicht.
Danke, dass du dir die Zeit genommen hast, mir bis hierhin zu folgen.
