Die 5 Tore – Stationen auf dem Weg in eine reife Beziehung
Meine langjährige Arbeit mit Menschen an ihren Beziehungsthemen hat mir gezeigt, dass es jenseits aller Komplexität von individuellen Beziehungssituationen immer wieder um die gleichen zentralen Punkte geht:
Commitment, Selbstliebe, Umgang mit verletzten Anteilen, erwachsenes Bewusstsein und aktives Sorgetragen zum gemeinsamen «Beziehungsgarten». Die fünf Tore, die ich hier vorstelle, sind ein Versuch, diese zentralen Aspekte in einem Modell anschaulich, verständlich und praxisbezogen zu beschreiben.
Die fünf Tore sind als Stationen auf auf dem Weg in eine reife, lebendige und erfüllende Beziehung zu verstehen. Es gibt Schnittstellen zwischen den Themen, sie sind vernetzt miteinander.
So ist dieser Weg kein linearer, wir kommen an allen Toren immer wieder vorbei und sind stets neu eingeladen oder herausgefordert, uns mit den zugehörigen Themen auseinanderzusetzen.
Jede Station beinhaltet spezifische Problempunkte, Ressourcen, Aufgaben und Lösungswege, die wir deiner persönlichen Situation entsprechend im Beziehungs-coaching bearbeiten.
Eine ausführliche Beschreibung findest du in meinem kostenlosen eBook «Die 5 Tore».
Das erste Tor: Commitment und Verantwortung
Du hast die Wahl!
Unsere Bereitschaft, uns ganz auf einen Menschen einzulassen, ist die Basis dafür, wie lebendig, nah und tief die Beziehung werden kann. Jedes «Ja, aber...» zapft Energie ab: allem voran den andern verändern wollen, sich als Opfer fühlen, einem Idealbild nachträumen, Affären leben, sich verschliessen.
Andererseits wird unser Ja ein kraftvolles, leuchtendes Ja, wenn wir Verantwortung für unseren Anteil am täglichen Erschaffen der Beziehung übernehmen. Was für eine Beziehung will ich? Wie kann ich dazu beitragen, sie zu kreieren? Wir anerkennen, dass Probleme und Konflikte dazugehören und dass wir durch sie eine Menge lernen können.
Das erste Tor fordert uns heraus, unsere Wahl zu treffen – nicht einmal, immer neu.
Das zweite Tor: Selbstliebe und Scham
Du bist Gold wert.
Viele von uns tragen eine romantische Vorstellung in sich, die Suche nach Liebe würde in der Begegnung mit dem richtigen Partner ein Ende finden. Das Gegenteil ist der Fall, dort beginnt sie erst recht.
Ohne Zweifel ist es ein grosses Geschenk, Liebe von einem Menschen zu empfangen. Zugleich wird unser Gegenüber zum Spiegel für all unsere ungeliebten Anteile. Wir lernen allmählich, dass unser Selbstwert weder von der ersehnten Zuwendung des andern noch von unseren eigenen Bemühungen abhängig ist, möglichst gut und liebenswert zu sein.
Statt uns in Scham, Versagensangst oder Überanpassung kleinzumachen, lernen wir mehr und mehr zu vertrauen, dass wir die Quelle der Liebe im eigenen Herzen finden.
Das dritte Tor: Verletzung und Heilung
Du bist Licht und Schatten.
Wirkliche Nähe kann erst dann entstehen, wenn wir uns erlauben, uns verletzlich zu zeigen. Aus unserer Vergangenheit, als wir existenziell von aussen abhängig waren, bringen wir die Erfahrung mit, nicht gesehen, nicht geliebt, nicht sicher zu sein. Öffnen wir uns einem Liebespartner, werden diese verletzen Anteile unweigerlich berührt. Wir sagen: Wir sind getriggert. Das heisst, wir reagieren automatisch mit unserer alten Schutzstrategie (Vorwurf, Wut, Schuldgefühle, Anpassung, Rückzug usw.). Daraus entstehen schmerzhafte emotionale Eskalationen, die jedes Paar kennt.
Das dritte Tor beinhaltet die Einladung, die alten Reaktionsmuster zu erkennen und aus ihnen auszusteigen, indem wir uns selbst liebevoll an der Hand nehmen und die verwundeten Seiten ans wärmende Licht bringen. Darin liegt das grosse Heilungspotenzial naher Beziehungen.
Das vierte Tor: Erwachsenes Bewusstsein
Du bist der König, die Königin deines Lebens
Kann ich «bei mir bleiben» und mich frei fühlen, auch wenn du da bist? Was unterstützt und was hindert mich, mir meinen Raum zu nehmen? Halte ich es aus, mich vorübergehend allein zu fühlen, wenn ich klare Grenzen setze? Wie kann ich ehrlich, mutig und kraftvoll für mich einstehen, ohne in Machtspiele oder Rechthaberei zu verfallen? Bin ich bereit, mich auf Augenhöhe mit dir auseinanderzusetzen, wenn wir unterschiedliche Bedürfnisse und Werte haben?
Beim dritten Tor geht es darum, uns in unserer Kraft und Würde als erwachsener Mann und erwachsene Frau zu begegnen und uns selbst wie auch uns gegenseitig darin zu ehren und stärken.
Das fünfte Tor: Begegnung und Kommunikation
Den Beziehungsgarten pflegen
...und waren zusammen glücklich bis an ihr Ende. Tja. Damit unsere Partnerschaft auf Dauer lebendig blüht und wächst, braucht sie bewusste Pflege wie ein Garten. Sonst beginnen wir nebeneinanderher zu leben, reiben und nerven uns gegenseitig und teilen nicht mehr miteinander, was uns wirklich bewegt. So verschwinden Nähe, Verbindung und Sex.
Was also heisst es, den Beziehungsgarten zu pflegen? Ich öffne mich dafür, dich neu zu sehen, mich dafür zu interessieren, was dich zutiefst berührt, wonach du dich sehnst, was deine wunden Punkte sind, was dich glücklich macht. Ich respektiere mit Wohlwollen dein Anderssein. Und ich zeige mich selbst in all dem. Ich engagiere mich dafür, gemeinsame Zeit und Projekte zu erschaffen, empathische Kommunikation auf Augenhöhe zu üben. Ich spreche aus, was ich an dir wertschätze. So wachsen Vertrauen, Tiefe, Dankbarkeit, Liebe.
Beziehung als Bewusstseinsweg
Schwierigkeiten in Beziehungen lassen sich als Probleme sehen, die es zu lösen und beseitigen gilt, damit wir möglichst störungsfrei zusammen weiterleben können. Das ist durchaus legitim. Eine weit tiefere Dimension eröffnet sich, wenn wir eine Partnerschaft als Lern- und Bewusstseinsweg verstehen. Schwieriges erscheint dann vielmehr als herausfordernde Chance, aneinander und miteinander bewusster zu werden, zu heilen und immer umfassender lieben zu lernen. Das macht es leichter, im Frieden zu sein, mit dem was ist, auch wenn es gerade schwer ist.
«Lebendige Beziehungen sind der radikalste, schnellste, heisseste und gründlichste Weg der Selbsterkenntnis. Jeder Mensch, auf den du dich einlässt, wird zum Katalysator deiner Evolution, zur Zutat deines Glücks, zum Medium deines Erfolgs, zum Zenmeister deines Erwachens.»
Veit Lindau