
Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.
Der Satz führt mitten ins Thema meines Mini-Kurses «Magie der Zuwendung». Heute geht's im zweiten Teil um Zuwendung zum andern.
Leider hat die Kirche die Aufforderung von Christus in ein moralisches Gebot verdreht, das noch tief in vielen von uns sitzt und uns zuflüstert: Nimm dich nicht so wichtig. Viel edler ist es, dich für andere einzusetzen, wenn nötig aufzuopfern.
Unterdessen wissen wir, zumindest im Kopf: Das geht nicht auf. Ich kann nicht mich ablehnen, meine Bedürfnisse unterdrücken – und die andern lieben. Diese Haltung führt zu Erschöpfung, Burnout und Unglücklichsein.
Was die Einladung von Christus meint:
Wende dich liebevoll dir selbst zu, ehre dich, liebe dich, sorge gut für dich selbst, dann bist du in der Lage, dich ebenso liebevoll andern zuzuwenden.
Ohne das Eine gelingt das Andere nicht. Was nicht zwingend heisst, dass die Liebe zu meinen Nächsten einfach so easy und von selbst fliesst, wenn ich mich selber mag. Sonst hätten wir wohl weniger Beziehungsknatsch. Was können wir also dazu beitragen?
Gehe mal auf die Empfänger-Seite. Du wünschst dir Liebe und Zuwendung von deinem Gegenüber. Was heisst das für dich? – Für mich (Alexander) heisst es:
Ich möchte nicht bewertet, interpretiert, verurteilt, ausgelacht, angelogen, angegriffen, mit Ratschlägen versorgt, angeschwiegen oder Erwartungsdruck ausgesetzt werden. Ich möchte mich nicht erst verändern müssen, damit ich ok bin für dich.
Ich möchte die volle Präsenz von dir, möchte mich ernst genommen, gehört, gesehen, verstanden, wertgeschätzt, respektiert fühlen. Ich möchte so akzeptiert werden, wie ich bin.
Mich dir zuwenden heisst also:
Mehr von dem geben, was ich mir selbst wünsche. Mich beobachten und achtsam sein, wie ich da bin mit dir. Merken, wie schnell sich eine Erwartung, eine Ungeduld, eine Bewertung, ein Tipp einschleicht. Mir anerkennen, wenn ich es merke, dass ich es merke – und zurück ins Herz.
Hui, gar nicht so einfach. Was hilft:
Mich an meine Absicht erinnern, wenn ich in die Begegnung gehe mit dir. Mich hundertprozentig dir zuwenden, mich interessieren, wer du wirklich bist, was dich bewegt, was dich berührt, was dich ausmacht. Dich verstehen wollen. Immer neu, auch nach zwei oder nach zwanzig Jahren.
Die Magie: Wenn mir das gelingt, fühle ich mich selbst beschenkt, verbunden, in meinem Herzen. Win-win.